Artikel Rittergeschlecht der Skaliger aus Bayern

Rittergeschlecht der Skaliger aus Bayern

Über 100 Jahre Herrschaft in Norditalien - Zeugnisse in den oberbayerischen Orten Wald a. d. Alz und Amerang

Woher stammte das einst im mittelalterlichen Noritalien so mächtige Geschlecht der Skaliger, die sich dort Scaligeri nannten? Die Wurzeln dieses Adelshauses gehen bis in das Salzburger Land zurück. Im 11. Jahrhundert werden sie erstmals urkundlich als Grafen von Schala-Burghausen, einer Nebenlinie des bayerischen Uradelsgeschlechts der Sighardinger erwähnt. Aus ihrem Geschlecht gingen im 12. Jahrhundert mit Heinrich I. ein Freisinger Bischof und mit Friedrich II. ein Dompropst in Salzburg hervor.


Von Burghausen nach Italien

Weil 1186 Heinrich und Sighard von Schala, die beiden Söhne des letzten Grafen von Burghausen, nicht mehr aus Italien zurückkehrten, wo sie, wie so viele Jungritter im Gefolge des in Rom zum Kaiser gekrönten Heinrich VI. sich am Machtkampf zwischen Kaiser und Papst und an einem der Kreuzzüge in das Heilige Land beteiligten, starb das Burghauser Adelsgeschlecht aus.

Heinrich und Sighard wurden drei Jahre später in Friaul im nordöstlichen Italien sesshaft, erweiterten ihren Besitz und gewannen an Ansehen. Wie es im Einzelnen dazu kam, ist bisher im Dunklen der Geschichte geblieben. Als 1260 ein Nachkomme der beiden Podesta von Verona wurde, was vergleichbar mit einem reichsstädtischen Bürgermeister war und zwei Jahre später Stadtregent, nannte sich dieser "Capitano del Populo" bereits Mastina II. della Scala. Heute würde man dies als eine erfolgreiche Immigration bezeichen, denn aus dem Geschlecht der Schala wurde nun das Geschlecht der Scaligeri. Wir wissen aus dem langjährigen mittelalterlichen Machtkampf zwischen Kaiser- und Papsttum von der wechselvollen Geschichte der norditaliensichen Städte, die mit dem Ghibellinen kaisertreu und mit den Guelfen Parteigänger der Päpste waren. Deshalb wurde der kaisertreue Mastina 15 Jahre später durch Anhänger des Papstes ermordet. Trotzdem gelang es seinen Nachfolgern den Besitz weiter auszudehnen. So gehörten später auch die Städte Padua, Brescia, Lucca, Vcenca und Treviso zu ihrem Machtbereich.

Ab 1308 erreichte das Geschlecht der Skaliger mit Cangrande I. und seinem Sohn Cangrande II. den Höhepunkt seiner Macht. Verona wurde ein Zentrum von Dichtern und Künstlern. Die bronzenen Standbilder der beiden Herrscher sind noch heute in ihrer Festung zu sehen und zeugen von großartiger Bildhauerkunst.
Auch der große italienische Dichter Dante, bekanntlich wegen seiner Kaisertreue aus Florenz für immer vertrieben, fand Asyl in Verona.

Skaligerbrücke Verona
Skaligerbrücke in Verona mit typischen Schwalbenschwanzzinnen
Cangrande I. ging als Förderer der italienischen Gotik in die Geschichte ein. Die von ihm erbaute Skaligerbrücke gilt als eines der bedeutensten Bauwerke des Mittelalters. Hier wurde erstmals die schwalbenschwanzförmigen Zinnen an Türmen und Festungsmauern angewandt, die für die Bautätigkeit der Skaliger so typisch werden sollten. Ihre Festungsbauten sind noch heute nach 700 Jahren Zeugnisse ihrer Machtfülle, wie die wuchtige Anlage in Malcesine am Gardasee zeigt.

Aber auch die Schattenseiten dieses einst sehr mächtigen norditaliensichen Geschlechtes sollen nicht unerwähnt bleiben. Um seinen Machtanspruch zu erhalten, schreckte Cangrande II. auch nicht vor Grausamkeiten zurück. 1351 lässt er über dreißig Verschwörer, darunter auch engste Mitglieder seiner Familie hängen, seine Herrschaft artet in schlimme Tyrannei aus. Er selbst verschanzt sich mit der Familie in seiner Veroneser Stadtfestung und läutet durch seine Schreckensherrschaft allmählich das Ende der Skaliger ein. Venedig, Mailand und Florenz bildeten eine Koaliation gegen sie. Nicht zuletzt auch wegen ihrer Loyalität zum deutschen Kaiser unterlagen sie schließlich Ende des 14. Jahrhunderts gegen ihre inzwischen übermächtigen Nachbarn. 1417 wurde Antonio della Scala endgültig aus Verona vertrieben und Venedig übernahm die Regentschaft im nordöstlichen Italien.

Rückwanderung nach Bayern

Schlossanlage Wald - Kupferstich von Michael Wening
Wald an der Alz
Kupferstich von Michael Wening 1645-1718 (Privatbesitz)
Er wanderte zurück in das Land seiner bayerischen Vorfahren. Noch bis Ende des 16. Jahrhunderts sollten sie in den Diensten der bayerischen Herzöge tätig sein. Das Geschlecht nahm jetzt in Anlehnung an den italienischen Namen Scala für Leiter den deutschen Namen "Herren von der Leiter" an. Dieses Wappen der Skaliger, noch heute in der Festung Soave zu sehen, ist ein steinernes Zeugnis dafür. Als Herzogin von Verona fand die Witwe Antonios im Alten Hof zu München einen standesgemäßen Wohnsitz. Im 16. Jahrhundert waren sie dann noch fast 100 Jahre Schlossherren in Amerang und Wald a. d. Alz, in den heutigen Landkreisen Rosenheim und Altötting. Als Herren von der Leiter standen sie bei den bayrischen Herzögen in München in hohem Ansehen. Bis zu ihrem Aussterben hatten sie wichtige Ämter am Hofe oder waren Kriegsherren der Wittelsbacher.
Schlossanlage Amerang
Schlossanlage Amerang

Artikel der Heimatpost Nr. 46 2010 | Autor: Wolf Schmid